Das Konnektiv62 – ein Experimentierfeld für ein neues WIRrtschaften

Das Konnektiv62 – ein Experimentierfeld für ein neues WIRtschaften

WIRTSCHAFT, was für ein sperriges Wort, was für ein umwobenes komplexes System. Und zugleich beinhaltet das Wort für mich das WIR und das SCHAFFEN. Es beinhaltet das Versprechen gemeinsam etwas zu bewirken. Wie cool ist das! Und dann beschleicht mich ein Gefühl, dass da in unserem jetzigen System ordentlich etwas schiefläuft. Aber das ist ein anderes Thema.

Rückblick, 2018. Katja und ich gründeten das Konnektiv62, ein Raum in der Dresdner Neustadt, das zum Austausch und Kreativwerden einlädt. Von außen betrachtet ist es ein Raum, den wir für unsere eigenen Workshops, Moderationen und Coachings nutzen und auch an andere Unternehmen und Institutionen gern zur Verfügung stellen und vermieten. So weit so gut. In den fünf Jahren hat sich herausgestellt, dass das Konnektiv62 für uns Gründerinnen viel mehr ist. Es ist unser Experimentierfeld für ein Wirtschaften im 21. Jahrhundert. Wir stellen alte Narrative in Frage und kreieren neue Stories, die ein regeneratives System unterstützen. Und dabei stehen wir gerade am Anfang. Aber drei Prinzipien, die für mich die Basis ausmachen, haben sich schon herauskristallisiert:

KOOPERATION IST DIE NEUE KONKURRENZ

Ganz nach dem Motto, aus herausfordernden Situationen ein Meisterstück zu kreieren (nein, nicht nur zu bewältigen, sondern wirklich etwas Einzigartiges zu schaffen) haben wir das Prinzip der Kooperation letztes Jahr im März für uns entdeckt und erprobt. Als ich im März 2023 die Tür zu unserem großen Workshopraum öffnete, stand ich im Wasser. Ein Rohr war geplatzt und der Kalender voller Vermietungen und Veranstaltungen. Was tun?  Nachdem das Leck gefunden, der von uns handverlegte Boden gewischt und später entfernt wurde, haben wir uns neu sortiert. Vermietungen waren nicht möglich, unser Business brach ein. Um die bisherigen Vermietungen nicht im Regen stehe zu lassen, erstellten wir eine Liste sehr guter Alternativen in Dresden und schauten, wer wo gut unterkommen kann, wo die Chemie passen könnte. Für alle weiteren Anfragen machten wir aus einer Not eine Tugend und empfahlen von Herzen gern unsere vermeintlichen Konkurrenten, ohne Provisionsanspruch. Und es fühlte sich richtig gut an, wir kreierten aus unserem Problem ein Meisterstück. Das zeigte sich später, als auch unser Netzwerk uns wieder zurück empfahl.

Dieses Miteinander, dieses Aufbrechen der wahrgenommenen Konkurrenz, …  dieses Fühlen, dass wir nicht voneinander getrennt sind, sondern eng in Beziehungen stehen und diese auch im positiven Sinn gestalten können… Genau das macht für uns ein regeneratives Wirtschaften aus, im Sinne des Kunden jemanden mit einem ähnlichen Leistungsversprechen von Herzen her empfehlen. Ist es manchmal schwer, guten Umsatz sausen zu lassen? Ja, auf jeden Fall. Gerade wenn die eigenen Lebenshaltungskosten am Geschäftsmodell hängen. Aber ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass es uns glücklicher macht, wenn wir unsere vermeintlichen Konkurrenten leiden sehen. Ich glaube daran, dass genug für alle da ist, dass der Markt groß genug ist und alle Beteiligten letztlich mit Kooperation mehr gewinnen. Was es dafür braucht, ist Vertrauen.

VERTRAUEN

Vertrauen in uns, unsere Mitarbeiterinnen und in unsere Gäste, genau das steht hinter diesem Prinzip.

Ursprünglich aus Bequemlichkeit und nun als festes Prinzip geben wir gern leichthin den Schlüssel zu unseren Räumlichkeiten raus. Oft kommt ein Stirnrunzeln und die Frage „wie? Ihr gebt uns den Schlüssel einfach so?“ Ja, das tun wir. Ohne vertraglich schriftliche Grundlage, nur aus purem Vertrauen. „Fühlt euch wie zu Hause und werft den Schlüssel dann in den Briefkasten“ ist unsere Antwort. Und die Erfahrung gibt uns bisher recht – unsere Gäste räumen auf und hinterlassen alles ordentlich. Wir geben unser Bestes, mit dem ersten Kontakt Vertrauen zu senden.

Für einige mag es „naiv“ erscheinen. Ein Gedankenspiel dazu: Wir wünschen uns Vertrauen. Damit wir nicht enttäuscht werden, setzen wir vertraglich alles fest. Was senden wir damit aus? Pures Misstrauen in das Gegenüber. Was bekommen wir zurück? Misstrauen. Wenn wir den ersten Schritt wagen und mit Vertrauen in den Menschen, in die Sache, in die Welt gehen, wenn wir dieses bedingungslose Vertrauen nicht nur zu unseren Bekannten, Freunden und Familien geben, sondern auch darüber hinaus, dann glauben wir, ist die Welt eine bessere. Und dann kannst du ernten, was du säst.

Und ja, es gibt auch Situationen, in denen es manchmal schwerfällt, ins Vertrauen zu gehen. Und da ist es umso wichtiger, den Vorschuss zu leisten. Genau das stärkt die Beziehung.

BEZIEHUNGEN STÄRKEN

Der Morgen beginnt bei uns mit einem Kaffee und einem langen Gespräch. Viele würde sagen, wir verquatschen uns und erledigen nicht unsere Arbeit. Ja, wenn man das Narrativ unserer leistungsorientierten Welt aufrechterhält, dann schon. Unsere Erfahrung ist eine andere: in dieser morgendlichen Stunde stärken wir unsere Beziehung zueinander, auf der sich unsere gemeinsame Sache trägt. Wir reden dabei weniger über Sachthemen, sondern vielmehr über uns selbst, über unsere Wahrnehmungen, über unsere derzeitigen Themen. Und die Erfahrung zeigt uns, dass wir im Anschluss, nach dieser „Entleerung“ und dem aufmerksamen Zuhören der anderen, viel schneller und effizienter die Topics abarbeiten können.

Es ist die Beziehungsebene, die stimmen muss. Dann läuft der Rest von selbst. So ist es zumindest bei uns. Und klar, dennoch, in unserer leistungsorientierten Welt und so auch in meinem Kopf der häufig etwas von „müsstest du jetzt nicht dich an den Rechner setzen, noch das Angebot konzipieren, den Workshop vorbereiten, das und jenes erledigen?“ brabbelt fällt es manchmal schwer sich die Zeit zu nehmen und die Geschwindigkeit zu drosseln. Aber es lohnt sich. Der fortdauernde Austausch, das gemeinsame Entwickeln, das gemeinsame Erkunden von Themen, das … unterstützt dabei, am Ende viel schneller und effizienter voranzuschreiten. Wir haben erkannt, dass die Beziehung zueinander stimmig sein muss, damit wir gemeinsam gut mit einem hohen Grad an Wirksamkeit arbeiten.


 

Das sind unsere bisherigen Prinzipien, die unsere Werte widerspiegeln. Und ich bin mir sicher, die Liste wird sich erweitern. Für ein regeneratives Wirtschaften braucht es noch viel mehr. Da stehen wir noch am Anfang. Es ist eine Basis für konkrete Prozesse und Strukturen, die sich finden werden.

Und zugleich, Hand aufs Herz, ist es sehr einfach mit dem Konnektiv62 ein neues Spiel auszuprobieren, solange der Umsatz die Fixkosten gedeckt sind. Unsere eigenen Lebenserhaltungskosten bestreiten wir anderweitig. Wir kennen das derzeitige Spiel, wo es um Konkurrenz, Gewinne, Kostendruck geht. Und wir hoffen darauf, dass neue Spielregeln etabliert werden, während wir das alte Narrativ von Wirtschaft mitspielen und zugleich das System hinterfragen. Mit welchem Blick schaust du auf Wirtschaft im 21. Jahrhundert? Welche Werte braucht es aus deiner Sicht?


Du braucht Unterstützung, um die Beziehung zwischen den Menschen in deiner Organisation zu stärken? Vertrauen aufzubauen? Nicht nur Kooperation sondern auch Kollaboration zu ermöglichen? Meld‘ dich gern bei mir für einen ersten Austausch und ein Angebot.

Autorin

Yvonne Horn

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